Ich hatte das eigentlich nicht vor, aber ich möchte doch noch ein paar Worte zum Plötzblog 2024 verlieren, da mich das immer noch gedanklich beschäftigt. Ich bin Lutz nicht böse – warum auch? -, und ich schätze ihn weiterhin sehr. Aber irgendwie habe ich kein gutes Gefühl bei der Sache.
Dass ich die Argumentation von Lutz weitgehend nachvollziehen kann, habe ich ja bereits früher konstatiert. Dennoch frage ich mich: Das alles wäre ja schon viel früher richtig gewesen. Wenn sich das Blog noch nie gerechnet hat – was jeder wissen oder zumindest ahnen konnte, der Ähnliches schon mal gemacht hat -, warum dann erst nach 15 Jahren eine Paywall? Was hat sich denn da geändert? Was ist der eigentliche Grund? Was (oder wer) steckt dahinter? Wann wurde Betriebswirtschaft auf einmal so wichtig?
Für mich fühlt sich das an, als wenn ein guter Freund auf einmal in Versicherungen macht oder eine Bekannte plötzlich Tupper-Parties veranstaltet oder auf irgendeinem anderen MLM-Trip unterwegs ist, um Geld zu machen. Dieses ganze penetrante Begging, Nagging und Nudging an jeder Ecke im Netz geht mir offen gesagt ziemlich auf die Nüsse. Und alle haben ihre Gründe, versteht sich. Behagt mir nicht so wirklich.
Die Paywall Knall auf Fall einzuführen, ist auch nicht eben die feine Art. Daran ändern die nachgeschobenen Erläuterungen leider nichts. Und sie sind auch nicht alle stichhaltig.
Dass es bei einer frühzeitigen Warnung/Ankündigung zu Panikdownloads gekommen wäre, mag richtig sein. Oder auch nicht. Auch der Satz »Der Plötzblog ist aber kein Wühl- oder Ramschtisch.«[1]Ich plädiere übrigens dafür, das Plötzblog zu schreiben, denn das Blog leitet sich von »das (Web)Log« ab. Und nein, Wikipedia ist keine Instanz. klingt zunächst mal nachvollziehbar. Auf den zweiten aber schon nicht mehr so wirklich.
Denn: Was hindert jemanden, der sich die vier Euro Mindestbeitrag oder die acht oder die 16 Ocken abringt, daran, sich alles herunterzuladen, bis die Schwarte kracht – und dann wieder auszutreten aus dem Plötzblog-Club.[2]Apropos: Ich habe nirgends was zu den Kündigungsfristen gefunden. Aber vielleicht habe ich ja auch Sauerteig auf den Augen. Wäre ein verlockender und günstiger Mitnahmeeffekt. Ganz ohne Panik. Eher aus Kalkül.
Dann wäre das Blog eben doch ein Wühl- und Grabbeltisch – nur halt einer mit kleinem Eintrittsgeld. Was ist jetzt damit genau gewonnen?
Ausgerechnet der Freiberger Sachse, der Ostdeutsche, baut eine Mauer. Seltsam. Fühlt sich das für ihn besser an?
Und was macht Lutz denn eigentlich, wenn jemand sich nicht daran hält, was im Kleingedruckten steht? Hetzt er dem dann Abmahnanwälte auf den Hals, wenn er eines seiner Paywall-Rezepte irgendwo in einem der unzähligen Backblogs entdeckt? Läge ja unbedingt in der neuen Logik des ganzen Projekts.
Für mich gibt es da immer noch viele offene Fragen, die auch durch die FAQ nicht wirklich beantwortet werden. Muss aber auch nicht. Ich bin da nur noch Zaungast. Offen gesagt, nicht mal mehr das.
Ganz praktisch gesehen habe ich noch andere Bauchschmerzen mit dieser Wende.
In meinem eigenen Blog – und gewiss auch sehr vielen anderen – gehen zig Links nun ins Leere – schließlich habe ich immer brav meine Quellen angegeben. An diesem Problem würde sich auch rein gar nichts ändern, wenn ich gegen Geld dem Plötz-Club beiträte. Die Links sind dennoch kaputt. Sonst müsste ich ja die Bezahlmauer umgehen können.
Früher habe ich sehr oft bei Anfängerfragen von Bekannten oder im Netz auf Mastodon, Friendica und so weiter sofort auf das Plötzblog verwiesen. Das macht nun keinen Sinn mehr, weil zum Beispiel auch die Wissensdatenbank (fast komplett) hinter der Paywall verschwunden ist. Soll ich tatsächlich jetzt einem Anfänger raten, sich für Geld im Plötzblog-Club anzumelden? Nicht im Ernst, oder? Gar nicht gut.
Selbstredend steht es jedem frei, sein Wissen und sein Tun zu monetarisieren, so gut und effektiv es eben geht. Wie schon früher angemerkt: Das hat jedoch Risiken und Nebenwirkungen. Das wird in diesem Fall auch so sein. Da habe ich nicht den leisesten Zweifel. Ich rede aber nicht von Geld.
Für mich steht das Plötzblog nicht mehr (ganz oben) auf der nirgends aufgeschriebenen Liste meiner Lieblingsblogs.Trotz aller persönlichen früheren Wertschätzung für Lutz und seine Arbeit.
Und nun die Gretchenfrage: Trete ich da bei? Nein. Nicht, weil ich mir das nicht leisten könnte, sondern weil ich nicht will. Der Lipper ist nicht nur geizig, sondern auch trotzig. Er taugt auch nicht zum Follower. Das Mitläufertum ist seine Sache nicht.
Zudem: Ich habe in den vergangenen acht Jahren etliche Rezepte von regionalen, nationalen und internationalen Seiten an die Seite gelegt. Den Löwenanteil davon habe ich noch nie gebacken. Da habe ich noch Material für Jahre. Falls das wider Erwarten doch nicht reichen sollte, gibt es noch viele andere gute bis sehr gute Quellen. Auch wenn manche das nicht erkennen oder wahrhaben wollen: Das Plötzblog hat trotz hoher Qualität nicht wirklich ein Alleinstellungsmerkmal.
Auch nicht unwichtig: Es gibt wohl an die 20 oder mehr brotaffine Blogs, die ich regelmäßig besuche – auch wenn ich kaum noch Rezepte bunkere. Wenn die alle dem Beispiel von Lutz Geißler folgen, wird das am Ende eine teure Angelegenheit. Und dann war’s das auch bald mit der netten, kuscheligen Sauerteig-Community. Sind ja nicht alle gutbetuchte Rentner. Ich bin nicht sicher, dass das so mitbedacht wurde. Oder es wurde als Schwund einkalkuliert. Wie BetriebswirtInnen das halt so machen.
So, nachdem das gesagt ist, möchte ich dennoch auf einen hörenswerten Beitrag vom 21. April im Deutschlandfunk hinweisen. Meine dringende Empfehlung. Ich habe Lutz dort gern zugehört, auch auf die Zwischentöne geachtet und viel genickt. Lutz redet nicht nur, sondern hat auch etwas zu sagen.[3]Das Lied von Anton Günther hat mich auch gerührt. Sehr. Ich wünsche ihm persönlich alles Gute.
Aber ich sage nicht »Auf Wiedersehen«.
Anmerkungen
↑1 | Ich plädiere übrigens dafür, das Plötzblog zu schreiben, denn das Blog leitet sich von »das (Web)Log« ab. Und nein, Wikipedia ist keine Instanz. |
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↑2 | Apropos: Ich habe nirgends was zu den Kündigungsfristen gefunden. Aber vielleicht habe ich ja auch Sauerteig auf den Augen. |
↑3 | Das Lied von Anton Günther hat mich auch gerührt. Sehr. |