Die Hefe aus der Flasche

Das Ergeb­nis nach neun Tagen Gärung: Nun kann die super-lecke­re Wild­he­fe in eine neue Fla­sche umziehen.

Im Ver­lauf der ver­gan­ge­nen Woche habe ich erst­mals Wild­he­fe gemacht.

Seit ich vor eini­ger Zeit mal gele­sen habe, wie die bekann­ten 42-Gramm-Wür­fel aus dem Super­markt her­ge­stellt wer­den und sich mir der Magen umge­dreht hat, dach­te ich: Das muss auch anders gehen. Und das tut es auch.

Zwar backe ich ohne­hin kaum Tei­ge mit Hefe­zu­satz, aber ich fin­de es immer ange­nehm, Optio­nen zu haben. Wir reden hier sowie­so nur über rich­ti­ge Hefe­tei­ge. Für alles ande­re baue ich wei­ter­hin auf mei­ne eige­nen Sauerteige.

Die eine Mög­lich­keit ist: Bio­he­fe. Die Mei­nun­gen dazu gehen, gelin­de gesagt, sehr weit aus­ein­an­der. Ein­fach mal im Netz suchen.

Die zwei­te Mög­lich­keit ist: Hefe­was­ser oder Ferm­ent­was­ser. Coo­ler klingt natür­lich »Wild­he­fe«. Ist aber das­sel­be. Die prak­ti­sche Anwen­dung steht noch aus, aber ich ver­spre­che mir davon für gewis­se Tei­ge einiges.

Dann exis­tiert – wie ich von einer Russ­land­deut­schen neu­lich gehört habe – eine drit­te Mög­lich­keit, bei der Kar­tof­feln, Zucker und Bier zusam­men­spie­len. Das wird hier dem­nächst auch mal getestet.

Zurück zur Wild­he­fe. Mein Ansatz bestand aus 600 Gramm nicht zu kal­tem Was­ser (stil­les Mine­ral­was­ser), zwei klein­ge­schnit­te­nen Dat­teln und 50 Gramm brau­nem Zucker. Das Zau­ber­wort für eine back­fä­hi­ge flüs­si­ge Hefe mit Hil­fe von [wiki]Saccharomyces cerevisiae[/wiki] heißt: Gärung.[1]Es gehen auch ande­re Früch­te, solan­ge sie nicht geschwe­felt sind: Rosi­nen, Äpfel, Quit­ten. Holun­der­blü­ten sol­len auch funk­tio­nie­ren.

Alles gut. Kein Schim­mel, kei­ne Schlie­ren, nur schö­ner Schaum nach dem Schütteln.

Ich habe die Zuta­ten in eine mit kochen­dem Was­ser aus­ge­spül­te Fla­sche mit Bügel­ver­schluss ver­frach­tet und dann im Hei­zungs­raum auf auf den Warm­was­ser­spei­cher gestellt. Der ist zwar natür­lich iso­liert, aber oben neben dem Zulauf herr­schen dort stets so um die 25 Grad.

Die Fla­sche wur­de täg­lich zwei­mal sanft geschüt­telt und kurz geöff­net, damit die Gär­ga­se ent­wei­chen kön­nen. Das Schüt­teln erschwert die Ent­ste­hung von Schim­mel. Falls der doch ent­steht oder der Ansatz unan­ge­nehm riecht, weg damit und neu ansetzen!

Bei mir ging alles gut. Schon nach einem Tag hat­te die Gärung ein­ge­setzt, und bald roch das Hefe­was­ser so frisch und fruch­tig wie es soll – jeden Tag ein wenig mehr. Ein Duft ein biss­chen so wie Federweißer.

Heu­te, neun Tage spä­ter, habe ich den größ­ten Teil des Hefe­was­sers durch ein fei­nes Sieb in eine wie­der heiß aus­ge­spül­te Fla­sche umge­füllt und im Kühl­schrank gela­gert. Etwa 200 Gramm habe ich in eine wei­te­re sau­be­re Fla­sche gefüllt und wie­der zwei zer­schnit­te­ne Dat­teln und zwei gehäuf­te Tee­löf­fel Zucker hin­zu­ge­fügt. Das ist nun mein neu­er Ansatz. Ähn­lich wie Sau­er­teig wird die Wild­he­fe jedes Mal etwas potenter.

Nun kann ich mei­nen im Kühl­schrank lagern­den Wild­he­fe-Ansatz auf ver­schie­de­ne Wei­se wei­ter­ver­wen­den. Ich kann einen Sau­er­teig dar­aus machen. Ich kann ihn direkt als Schütt­was­ser bei einem Brot ver­wen­den. Und ich kann mir einen Lie­vi­to madre/Pasta mad­re dar­aus zie­hen und die­sen für mei­ne hel­len Tei­ge ver­wen­den. Ich habe mich noch nicht entschieden.

Diver­sen Berich­ten zufol­ge kann als Richt­schnur gel­ten: Mit 100 bis 125 Mil­li­li­tern Wild­he­fe kann man 500 Gramm Mehl zum Gehen brin­gen. Das wären, über­setzt auf Hefe alter Schu­le, ein Päck­chen Tro­cken­he­fe oder ein hal­ber Wür­fel (also 21 Gramm) fri­sche Hefe.[2]Immer fri­sche Hefe auf Vor­rat Nicht so schlecht, fin­de ich.

Vari­an­te Nr. 4 wäre: ein­fach trin­ken. Die Wild­he­fe ist – wenn nicht ver­un­rei­nigt, ver­steht sich – super-gesund und schmeckt wun­der­bar frisch. Geht so in die Rich­tung von Holun­der­blü­ten­sekt. Ich kann sie mir auch gut mit etwas Ing­wer vor­stel­len. Selbst­ge­mach­te Limo­na­de quasi.

Wie schon erwähnt, kann Wild­he­fe Sau­er­teig nicht wirk­lich erset­zen. Das kann man sich hier noch­mals ver­deut­li­chen las­sen. Ich wür­de nicht wie die­ser öster­rei­chi­sche You­tuber nur von einem Hype reden, denn Wildhefe/Hefewasser/Fermentwasser hat sicher in einem bestimm­ten Bereich ihre Berech­ti­gung – Hype hin oder her.

Wie gut die Wild­he­fe für mich als Ersatz für die Indus­trie­he­fe aus dem Super­markt taugt, wer­de ich bald her­aus­fin­den. Eine etwas län­ge­re Gär­zeit des Teigs ist ein klei­ner Preis für das Mehr an Gesund­heit und das gute Gefühl, wie­der mal etwas aut­ar­ker gewor­den zu sein.

Zur Nach­ah­mung empfohlen. 😉

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1 Es gehen auch ande­re Früch­te, solan­ge sie nicht geschwe­felt sind: Rosi­nen, Äpfel, Quit­ten. Holun­der­blü­ten sol­len auch funktionieren.
2 Immer fri­sche Hefe auf Vorrat

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