Schönes, leckeres Fett

Fett, nichts als Fett. ;)
Fett, nichts als Fett. 😉

 

Ich bin ja eher der Grob­schme­cker. Ich lege Wert auf gute, ehr­li­che Zuta­ten, bes­te Gewür­ze und eine sin­ni­ge Zube­rei­tung. Dann ist man schon auf dem rich­ti­gen Weg. Über­kan­di­del­te Gerich­te mit kom­pli­zier­tem Schnick­schnack sind mei­ne Sache nicht. Ich zie­he eine ehr­li­che Rosen­kohl­sup­pe mit lip­pi­scher Kohl­wurst einer über­schau­ba­ren Por­ti­on von in Grön­land-Glet­scher­was­ser gedämpf­ter Belu­ga­l­e­ber an toma­ti­sier­tem bre­to­ni­schem Gelee­pilz mit Mada­gas­k­ar­min­ze alle­mal vor.

Ich kann mei­ne pro­le­ta­risch-klein­bür­ger­li­che Her­kunft (Bau­ern, Zim­mer­leu­te, Bäcker, Weber) ein­fach nicht ver­leug­nen. Wozu auch?

Heut­zu­ta­ge, im Müs­lizän, mag es ein wenig wie aus der Zeit gefal­len wir­ken, wenn man sich vom Flei­scher sei­nes Ver­trau­ens ein ordent­li­ches Stück schie­res Bauch­fett vom Schwein ali­as Flo­men mit­bringt, um dar­aus Schmalz zu machen. Wo doch jeder­mann und jeder­frau nur im Sin­ne hat, sich mög­lichst fett­frei zu ernäh­ren.[1]Dass das die Märk­te in Schwel­len­län­dern und deren loka­le Pro­duk­ti­on rui­niert, wird geflis­sent­lich igno­riert, gehört aber zu der Geschich­te unbe­dingt dazu.

Man­cher und man­che orthor­e­xie­ge­plag­te Zeit­geist­ge­nos­se/-genos­sin wür­de wohl schon beim blo­ßen Zuse­hen Schnapp­at­mung bekom­men, wenn ich pures Fett zer­schnip­pe­le, um es im Topf mit etwas Was­ser aus­zu­las­sen und zum Ver­zehr vor­zu­be­rei­ten. Dabei ist das nicht im Gerings­ten unan­ge­nehm oder schmie­rig. Das Fett ist rein, fein, weiß und fest.

Und es duf­tet, jawohl. Muss­te ich auch erst ler­nen. Wäre mit dem Fett was nicht in Ord­nung, wür­de man das sofort (!) rie­chen. [2]Fett ist nicht nur Geschmacks‑, son­dern auch Geruchs­trä­ger. Wer schon mal nach dem Aus­drü­cken eines Mit­es­sers an sei­nem Fin­ger gero­chen hat, weiß was ich mei­ne.

Selbst ich, der sonst das kleins­te Biss­chen Glib­ber­fett am Steak abschnip­pelt und auf dem Tel­ler lässt und der schon beim Gedan­ken an Eis­bein einen Wür­ge­reiz bekommt, habe damit über­haupt kein Pro­blem. Weil es ein­fach super schmeckt oder ande­res super schme­cken lässt.

Heu­te habe ich zwei Sor­ten Schmalz gemacht. Ein­mal als Brat­fett für alles Mög­li­che von Fleisch bis Brat­kar­tof­feln. Und dann den grö­ße­ren Teil als Grie­ben­schmalz, haupt­säch­lich als Brotaufstrich.

 

Schönes, reines Bratfett aus Flomen.
Schö­nes, rei­nes Brat­fett aus Flomen.

Für das Brat­fett wird ein­fach der zer­klei­ner­te Flo­men in etwas Was­ser kalt auf­ge­setzt und behut­sam erhitzt. Ab etwa 40° wird das Fett flüs­sig. Wenn das Was­ser ver­dampft ist, beginnt bald das Rös­ten. Die fes­ten Bestand­tei­le ver­wan­deln sich in die knusp­ri­gen Grie­ben. Ich habe sie aus­ge­siebt, bei­sei­te gestellt und nur das flüs­si­ge Fett in ein Glas abge­füllt. Gewür­ze braucht es hier­für nicht. Nach dem Erkal­ten wird es schön weiß. Dann ab in den Kühlschrank.

 

Das fertige Flomen- oder Griebenschmalz. Schon fast zu viel drin. Andererseits: Gibt es sowas wie zu viel Geschmack?
Das fer­ti­ge Flo­men- oder Grie­ben­schmalz. Schon fast zu viel drin. Ande­rer­seits: Gibt es sowas wie zu viel Geschmack?

Für das Flo­men- oder Grie­ben­schmalz geht man genau so vor. Aller­dings wird das Fett mit Gewür­zen ver­fei­nert. Ich habe dafür Pfef­fer und Salz, zer­klei­ner­ten Schin­ken, etwas fri­schen Thy­mi­an aus der Kräu­ter­spi­ra­le – die den gan­zen Win­ter über pro­du­ziert hat – und ein wenig Majo­ran ver­wen­det. Außer­dem eine in fei­ne Wür­fel geschnit­te­ne Zwie­bel und zwei eben­so zer­klei­ner­te Äpfel. Wohl dem, der auch im März noch auf eige­ne Bos­köp­pe vom letz­ten Jahr zurück­grei­fen kann. Gegen Ende habe ich die Grie­ben vom ers­ten Schmalz hin­zu­ge­ge­ben. Der Pro­zess wird wegen der was­ser­hal­ti­gen Zuta­ten dies­mal län­gern dau­ern. Doch das Ergeb­nis ist das­sel­be: fes­te Bestand­tei­le schön gerös­tet und das zer­las­se­ne, aro­ma­ti­sche Fett.

Der ver­füh­re­ri­sche Duft in der Küche macht es einem schwer, an sich zu hal­ten und nicht sofort eine Schei­be vom – idea­ler­wei­se frisch geba­cke­nen – Brot mit dem kaum erkal­te­ten Schmalz zu verputzen.

Es ist ein ein­fa­ches Ver­gnü­gen und ein def­ti­ges dazu. Sicher, kalo­rien­arm geht anders. 100 Gramm Schmalz haben mehr als 850 Kcal. Wer gera­de einen Inter­vall­fas­ten­tag hat, läge damit schon weit über dem, was ihm zusteht. Für den gan­zen Tag.

Aber ich ste­he auf dem Stand­punkt, dass man Schmalz ja a) nicht am Fas­ten­tag essen muss und b) auch mal sün­di­gen darf, wenn das zeit­nah durch ent­spre­chen­den Ver­zicht wie­der aus­ge­gli­chen wird. Oder, wie es einst ein frü­he­rer Pader­bor­ner Erz­bi­schof sag­te: »Man muss auch mal auf Opfer ver­zich­ten können.« 🙂

Schmalz­stul­len als täg­li­che Ernäh­rung wür­de ich also nicht emp­feh­len. Außer man ist Berg­mann oder Stahl­ar­bei­ter. Nun ja, Berg­leu­te haben wir gera­de abge­schafft. Und die Stahl­ar­bei­ter sind bestimmt auch bald dran.

Der Geschmack jeden­falls ist unver­gleich­lich. Ich freue mich schon auf den nächs­ten Back­tag. Und eine Schei­be Brot mit mei­nem fri­schen Schmalz.[3]Komi­scher­wei­se muss ich immer, wenn ich Schmalz­bro­te esse, an die Kon­zer­te und Ver­an­stal­tun­gen im Bun­ker am Ulmen­wall den­ken. Schon mehr als 40 Jah­re her…

Apro­pos Geschmack. Wer es schafft, sich ein­zu­re­den, dass das Indus­trie­pro­dukt Mar­ga­ri­ne oder sons­ti­ges fett­re­du­zier­tes Schmier­ge­döns gute But­ter erset­zen kann und das auch noch schmeckt und gesund ist, der wählt wahr­schein­lich auch die grü­nen Veggie-Day-Prediger.

Alles Quatsch. Mer­ke: Es kommt bei Lebens­mit­teln nicht nur dar­auf an, was am Ende drin ist, son­dern immer auch, wie sie her­ge­stellt wer­den. Und das will man oft wirk­lich nicht so genau wis­sen, denn erfährt man es doch, bekommt man das nicht mehr runter.

Mir kommt nichts davon ins Haus. Ich mag es, wie gesagt, lie­ber authen­tisch und ehrlich.

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1 Dass das die Märk­te in Schwel­len­län­dern und deren loka­le Pro­duk­ti­on rui­niert, wird geflis­sent­lich igno­riert, gehört aber zu der Geschich­te unbe­dingt dazu.
2 Fett ist nicht nur Geschmacks‑, son­dern auch Geruchs­trä­ger. Wer schon mal nach dem Aus­drü­cken eines Mit­es­sers an sei­nem Fin­ger gero­chen hat, weiß was ich meine.
3 Komi­scher­wei­se muss ich immer, wenn ich Schmalz­bro­te esse, an die Kon­zer­te und Ver­an­stal­tun­gen im Bun­ker am Ulmen­wall den­ken. Schon mehr als 40 Jah­re her…

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