In diesen Zeiten verbreiten sich irgendwelche bekloppten Marketingbegriffe wie Fußpilz, auch wenn sie nicht den leisesten Sinn ergeben. Selbst gestandene Bäckermeister, die sich nun wirklich nicht verstecken müssen, meinen sich heute als »Brotsommelier« mit einer »Philosophie« darstellen zu müssen. Medien plappern sowieso jeden Quatsch nach.
Ein Sommelier ist per Definition ein Weinkellner (und Weinkenner). Schon daraus ergibt sich, dass ein »Brotweinkellner« völliger Bullshit ist.[1]s. Larousse Genauso übrigens wie ein »Fleischsommelier« oder »Käsesommelier« – noch so eine hirnrissige Wortschöpfung. Wer redet den einst so selbstbewussten Berufsständen eigentlich so einen hanebüchenen Unsinn ein?
In meinen Augen wertet sich ein Bäcker, der sich als »Brotsommelier« bezeichnet, nicht auf, sondern eher ab. Als wenn Generationen seiner redlichen Vorfahren nicht ohne solchen Marketing-Schnickschnack ausgekommen wären. Wenn schon »Bäcker« nicht reicht, dann »Handwerksbäcker«. Das ist immerhin noch eine sinnvolle Präzisierung.
Apropos: Morgen, Dienstag, 22. Juni, lohnt es sich, um 20.15 Uhr Arte einzuschalten: »Schönes neues Brot« von Harald Friedel. Ganz ohne Brotsommeliers, nur Handwerksbäcker am Werk.
Meine Empfehlung.
Auch prinzipiell lesenswert: Brot ist Porno. Allerdings unterliegt Autor Jakob Pontius einem Missverständnis – oder er weiß es schlicht nicht. Gutes Brot ist keineswegs nur was für gutverdienende urbane Bio-Hipster. Das gibt es auch zwischen Herbrechtsdorf und Lüdenhausen für jedermann. Das Zauberwort heißt: Selber backen. Das liegt anscheinend außerhalb der Erfahrungswelt von Pontius. Mit »viel Geld für ihren Genuss-Lifestyle« hat das gar nichts zu tun. Da macht es sich der »Food editor« doch etwas sehr einfach. Schade.